Christoph Kanzler, Deutschlandchef des US-Fondsanbieters Dimensional, im Interview mit FONDS professionell ONLINE über fehlende Innovationen, die schlechte Disziplin und neue Geschäftsmodelle. Dimensional Fund Advisors (DFA) ist wohl den wenigsten Anlegern ein Begriff. Dabei ist DFA mit einem verwalteten Vermögen von fast 390 Milliarden US-Dollar immerhin der siebtgrößte Asset-Manager der Vereinigten Staaten.

Der Grund für die mangelnde Bekanntheit ist schnell erklärt: Das Unternehmen verkauft seine Produkte nicht direkt an Endkunden, sondern nur über eigens akkreditierte Finanzberater. Weltweit gibt es davon etwa 3.500, in Deutschland, wo DFA seit 2010 aktiv ist, sind es inzwischen 150.

Insbesondere unter Honorarberatern gewinnt DFA immer mehr Fans, denn mit den Dimensional-Fonds lassen sich ganze Märkte sehr breit und kostengünstig in einem Produkt abdecken. Christoph Kanzler, Leiter des Berliner DFA-Büros, erläutert im Interview mit FONDS professionell ONLINE, was sein Unternehmen vom Rest der Branche unterscheidet.

Herr Kanzler, wenn man sich in diesen Tagen mit Honorarberatern unterhält, fällt erstaunlich oft der Name Dimensional Fund Advisors. Wie erklären Sie sich das offensichtlich große Interesse an Ihren Produkten?

Christoph Kanzler: Es geht nicht um unsere Produkte. Der Grund liegt ganz woanders. Alle Finanzdienstleister haben mit extremen Herausforderungen zu kämpfen. Das bislang etablierte Geschäftsmodell, Produkte und Performance zu verkaufen, geht nicht mehr auf, schon wegen der neuen regulatorischen Anforderungen. Hinzu kommen noch die teils dramatisch schlechten Anlageergebnisse der vergangenen Jahre, die dafür sorgen, dass viele Kunden weglaufen oder ihre Berater im schlimmsten Fall mit Klagen überziehen.

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Unsere Industrie hat es leider geschafft, bei den Anlegern jahrelang mehr negative als positive Erfahrungen zu produzieren. Darum suchen viele Finanzberater nach neuen Antworten. In der klassischen Asset-Management-Branche finden sie wieder nur Produkte mit der dazu passenden Outperformance-Geschichte. Die wollen einige Berater inzwischen aber einfach nicht mehr hören – und beginnen, sich für unseren Weg zu interessieren.

Und Sie verkaufen keine Produkte mit einer netten Investmentstory?

Kanzler: Nein. Unser Ansatz ist ein völlig anderer. Für uns lässt sich Asset- Management genauso naturwissenschaftlich oder ingenieurtechnisch angehen wie der Flugzeugbau oder die Kommunikationstechnik. Wir nutzen heute wie selbstverständlich einen Airbus A380 oder das iPhone. Forschung und Innovation helfen dabei, unseren Lebensstandard zu erhöhen. Nur in der Asset- Management-Industrie ist man in den 70-er Jahren hängen geblieben. Viele glauben immer noch, dass sich der Markt mit Stock-Picking oder Market-Timing schlagen lässt, dabei ist das längst wissenschaftlich widerlegt. In den 70-er Jahren wusste man das noch nicht besser.

Na ja, es gibt eine ganze Reihe erfolgreicher aktiver Fondsmanager.

Kanzler: Das mag ich auch gar nicht bestreiten. Es handelt sich dabei allerdings um Versuche, nicht um Können. Ein Versuch kann auch mal klappen, eine Garantie dafür gibt es aber nicht. Aktives Asset-Management ist Spekulation mit Kundengeld. Wir dagegen wollen investieren, nicht spekulieren. Die wohl wichtigste finanzwissenschaftliche Erkenntnis der vergangenen Jahrzehnte ist eigentlich ganz simpel: Die Marktrendite kann nur erwirtschaften, wer dauerhaft investiert ist. Die entscheidende Aufgabe eines Finanzberaters ist es daher, die Anleger auch in schwierigen Zeiten bei der Stange zu halten. Er verkauft keine Produkte mehr, er schichtet keine Portfolios mehr um. Er hilft dem Kunden vielmehr, die wichtigsten Treiber eines langfristigen Wertpapierinvestments zu verstehen und der einmal gewählten Anlagestrategie treu zu bleiben. Für diese Dienstleistung kann er eine jährliche Gebühr in Rechnung stellen – so gelingt der Umstieg in die Honorarberatung.

Moment: Wenn der Kunde einmal begriffen hat, dass er breit gestreut und kostengünstig investieren soll, braucht er keinen Berater mehr. Das schafft er alleine.

Kanzler: Das glauben viele, es ist aber falsch. Den Anlegern fehlt dazu die nötige Disziplin. Beim Fitnesstraining ist es doch ähnlich: Die allermeisten Menschen wissen, dass sie mehr Sport treiben sollten. Doch ohne einen Coach, der sie regelmäßig daran erinnert, tun sie gar nichts. Wenn Sie so wollen: Finanzberater sind wie Fitnesstrainer.

Arbeiten Sie grundsätzlich nur mit Honorarberatern zusammen? 

Kanzler: Nein. Honorarberatung an sich ist kein Qualitätskriterium, denn auch gegen Honorar lässt sich der größte Blödsinn empfehlen. Klar ist aber, dass sich unsere rund 150 B2B-Kunden in Deutschland fast nur von ihren Kunden vergüten lassen können, denn bei den Dimensional-Fonds handelt es sich weltweit um institutionelle Anteilsklassen ohne jegliche Rückvergütung. Ob das Entgelt, das der Berater verlangt, nun Vermögensverwaltungsgebühr oder Honorar heißt, ist für uns nicht ausschlaggebend. Einige unserer Partner stellen ihr Vergütungsmodell derzeit um, arbeiten also in einigen Feldern schon gegen Honorar und in anderen noch auf Provisionsbasis. Diesen Transformationsprozess beobachten wir immer häufiger. Berater finden sehr schnell Geschmack an dieser neuen Form von Asset-Management und Beratung und wollen dann schnellstmöglich die alte Welt mit den ganzen Problemen hinter sich lassen.

Sie sagten, die Produkte stünden nicht im Vordergrund, doch ganz ersparen kann ich Ihnen dieses Thema nicht. Die Dimensional-Fonds investieren sehr breit mit einer gewissen Schlagseite Richtung Nebenwerte und Value. Das klingt schlicht nach einem weiteren Smart-Beta-Ansatz, also dem Versuch, die etablierten Indizes zu optimieren, oder?

Kanzler: Mit Smart Beta hat das eher wenig zu tun, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass dieser Vergleich immer mal wieder gezogen wird. Unsere Fonds machen sich nur die vier Faktoren zunutze, die wissenschaftlich belegt sind und innerhalb des Faktorenmodells von Fama/French die Performance-Entwicklung eines Portfolios erklären können. Gene Fama hat Dimensional in den 80-er Jahren mitgegründet und bekam für seine wissenschaftliche Arbeit vergangenes Jahr den Wirtschaftsnobelpreis verliehen. Demnach ist der zu erwartende Ertrag von Aktien höher als der von Anleihen, der von Small-Caps übersteigt den von Large-Caps und der von Value-Aktien liegt über dem von Growth-Titeln. Außerdem zahlt es sich aus, auf überdurchschnittlich profitable Unternehmen zu setzen. Darum finden Sie in unseren Portfolios ein recht hohes Gewicht von Nebenwerten und Value-Aktien. Je nach Entwicklung dieser nachgewiesenen Prämien entwickeln sich unsere Fonds besser als ihre Benchmarks, können von diesen aber auch negativ abweichen, da diese Prämien nicht jedes Jahr positiv sein müssen. Niemand kann den Prämienverlauf vorhersagen, daher ist die wichtigste Regel, konstant investiert zu bleiben.

Es gibt auch Smart-Beta-ETFs, die auf einige der genannten Effekte setzen.

Kanzler: Das stimmt. Unter dem Stichwort Smart Beta werden aber auch viele weitere Faktoren verwendet, die wissenschaftlich allerdings nicht nachgewiesen sind. Unter Smart Beta wird sehr gerne aktives Management versteckt, also alter Wein in neuen Schläuchen. Wir sehen uns jedenfalls weder in der Smart-Beta- Ecke noch als Anbieter aktiver oder passiver Fonds. Aktive Fonds sind nicht so aktiv, wie sie gerne behaupten, und passive Fonds sind nicht so passiv. Hier handelt es sich um Marketing-Boxen. Dimensional ist weder aktiv noch passiv. Wir verbinden das Beste aus beiden Welten und sprechen vom Assetklassen- Investmentansatz: Wir investieren in vordefinierte Anlageklassen unter Ausnutzung der nachgewiesenen Effekte und liefern unseren Kunden den entsprechenden Markt-Return dieser Anlageklasse.

Die Fonds wären sicherlich auch für aufgeklärte Privatanleger interessant, die ihr Portfolio eigenständig verwalten. Doch solche Selbstentscheider schließen Sie aus – Sie erlauben nur den Zugang über eigens akkreditierte Berater. Warum das?

Kanzler: Wir kooperieren nur mit Kunden, bei denen wir uns sicher sind, dass sie unsere Investmentphilosophie teilen. Die Berater, die mit uns zusammenarbeiten wollen, durchlaufen ein Seminarprogramm und einen Akkreditierungsprozess. Die schnellsten können wir bereits nach drei Monaten akkreditieren. Wir haben aber auch Kunden, mit denen wir vor drei Jahren den Prozess gestartet haben und denen wir erst jetzt Zugang zu unserem Fonds geben konnten. Wir können diesen Umstand sehr gut verstehen, da der Berater für sich ein neues Selbstbild definieren muss – und das kann Zeit beanspruchen. Auch bei institutionellen Investoren, die weltweit rund 40 Prozent unseres verwalteten Vermögens ausmachen, fragen wir ganz genau nach, weshalb sie unsere Fonds kaufen wollen. Wir wollen keine Market-Timer, die die Umschlaghäufigkeit des Fonds auf Kosten der strategischen Anleger nach oben treiben. Dieser Punkt ist extrem wichtig für uns, da wir um jeden Cent Kosteneffizienz in den Fonds für unsere Kunden kämpfen. Netter Nebeneffekt: Unser Unternehmen hatte seit der Gründung vor 33 Jahren noch kein Quartal mit Nettomittelabflüssen, selbst 2008 nicht. Darum beneidet uns so mancher in der Branche.

Kostengünstige Langfristinvestments ließen sich doch auch mit Indexfonds umsetzen, die teilweise noch billiger sind als Ihre Fonds, oder? 

Kanzler: Unsere Fonds bewegen sich bei den Kosten auf ETF-Niveau. ETFs sind ein wunderbares Instrument, um von der Funktionsweise der Kapitalmärkte zu profitieren. Aber ohne die richtige Handhabung wird der Anleger auch damit keine bessere Erfahrung am Kapitalmarkt machen. Die ETFs werden häufig verwendet, um Märkte zu timen. Aber auch mit Indexfonds gilt die Wahrheit, dass die Entwicklung von Märkten nicht prognostiziert werden kann. Mit ETFs können zweifelsohne tolle strategische Portfolios gebaut werden – mit Dimensional-Fonds können diese allerdings noch weiter optimiert werden. Um zu Ihrer Ausgangsfrage zurückzukommen: Die wenigsten Berater kommen zu Dimensional, weil sie das wissenschaftliche Modell hinter den Fonds so toll finden. Die meisten finden uns interessant, weil wir ihnen zeigen, wie die Fonds richtig eingesetzt werden und wie daraus ein für den Berater und seine Kunden zukunftsträchtiges Geschäftsmodell entstehen kann.

Wer seinen Kunden die Dimensional-Philosophie näher bringt, sagt ihnen implizit aber auch, dass er sie jahrelang falsch beraten hat.

Kanzler: Das sehe ich nicht so. Vor 30 Jahren sind die Menschen mit einer Super Constellation von Europa in die Vereinigten Staaten geflogen, und das war damals auch völlig in Ordnung, weil dies der aktuelle technische Stand war. Heute, wo es den A380 gibt, würde das niemand mehr machen. In der Asset- Management-Industrie ist das ähnlich. Ein Berater kann seinen Kunden durchaus vermitteln, dass er bislang gute Arbeit geleistet hat, es inzwischen aber bessere und modernere Ansätze gibt, die er seinen Kunden zugänglich machen will.

 

Quelle: FONDS professionell ONLINE | www.fondsprofessionell.de mit freundlicher Genehmigung durch Christoph Kanzler.

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