Wirkliche Erholung? – Mandantenbrief 09/2020
Viele Fachleute schwanken in der Beurteilung der Börsensituation zwischen „erfolgreicher Bodenbildung“ und „übertriebener Börsenerholung“. Wir auch. Nach vertiefendem Studium und vielen Gesprächen mit Kollegen, kommen wir zu einer eher zurückhaltenden Bewertung der aktuellen Situation. Unsere Gründe:
Historie
Das Coronavirus hat an den Aktienmärkten tiefe Spuren hinterlassen. Am 19. Februar erreichte der Dax mit einem Schlusskurs von 13.789 Punkten einen historischen Rekordwert, ebenso wie der Stoxx 50, der S&P 500 und die US-Technologiebörse Nasdaq. Am folgenden Wochenende breitete sich die Lungenkrankheit Covid-19 dann in anderen Ländern aus, und die Börsen schalteten in den Korrekturmodus. Vier Wochen später stand der Dax bei 8442 Punkten und hatte somit fast 40 Prozent verloren – und mit ihm auch die meisten anderen Börsenplätze.
Hilfen
Nie zuvor dagewesene geld- und fiskalpolitische Maßnahmen sowie die Hoffnung auf eine baldige Eindämmung der Pandemie haben in den vergangenen Wochen die Kurse wieder ansteigen lassen. Der Dax ist wieder auf 11.100 Punkte gestiegen und hat seit seinem Tief gut 30 Prozent hinzugewonnen (ähnlicher Stand wie im August 2019). Angesichts der Horrormeldungen (Lufthansa, Automobilbranche, Länge der sozialen Einschränkungen usw.) nach unserer Einschätzung eine typische Börsenübertreibung in hektischen, unübersichtlichen Zeiten.
Teuer
Aktienkurse haben ein Problem, gegen fallende Gewinnerwartungen anzukämpfen. Noch schwieriger wird es, wenn gleichzeitig die Bewertungen zu hoch sind. So weist der Dax auf Basis der in zwölf Monaten erwarteten Unternehmensgewinne derzeit ein KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis, Relation zwischen dem aktuellen Kurs der Aktie und dem Jahresgewinn pro Aktie) von rund 14 auf. Damit ist er fast genauso teuer wie vor dem Beginn der Corona-Krise – aber die Unsicherheiten sind heute wesentlich größer und man davon ausgehen muss, dass die Gewinnprognosen, auf denen diese Kennzahl beruht, deutlich zu optimistisch sind. Das realistische Dax-KGV liegt wohl eher um die 20, also wirklich nicht mehr günstig. So ähnlich sieht es an vielen Börsen aus.
Abwarten
Aus einer ganz aktuellen Umfrage der Schweizer Großbank UBS unter Anlegern geht hervor, dass 61 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass die Börsen noch bis zu 20 Prozent abstürzen werden, bevor sie wieder Aktien kaufen. Fast ein Viertel ist der Meinung, jetzt sei bereits eine gute Zeit zum Aktienkauf. 16 Prozent gaben an, dass sie länger die Finger von der Börse lassen.
Fazit
Das deckt sich grob auch mit unserer aktuellen Einschätzung. Wer in den letzten Wochen mutig gekauft hat, könnte über Gewinnmitnahmen innerhalb dieser Positionen nachdenken. Nachkaufen auf dem gegenwärtigen Niveau würden wir eher erstmal nicht empfehlen. Wie Sie wissen, denken wir weltweit, die hier gewählte DAX-Thematik hat eher beispielhaften Charakter.
Bleiben Sie gelassen und vor allem gesund. Wir sind immer für Sie da, klingeln Sie im Bedarfsfall einfach durch.
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